Wunschlisten hochbegabter Kinder

Die Weihnachtstage sind vorüber und zurückbleiben Tüten mit zerrissenem Geschenkpapier, Freude über schöne Stunden im kleineren Familienkries als üblich, die Erinnerung an leuchtende Kinderaugen und vielleicht auch leise Enttäuschung über das eine oder andere unpassende Geschenk.
Spiele und Lesestoff besonders für hochbegabte Kinder habe ich in zwei Blogartikeln schon thematisiert und entsprechende Listen auf meiner Website an anderer Stelle schon publiziert. Diese Vorschläge werde ich auch laufend ergänzen. Aber was ist mit den Wünschen, die sich nicht einfach mit Geld realisieren lassen?

In meiner langjährigen Arbeit mit Kindern, die eine hohe Begabung vorweisen und ihren Eltern sind immer wieder Stossseufzer und Wünsche an mich getragen worden. Manchmal kann mein Zutun helfen, dass sie wahr werden, manchmal muss auch ich resigniert die Hände in den Schoss sinken lassen. 

Um ein bisschen Transparenz zu schaffen, was denn die immateriellen Wünsche hochbegabter Kinder sind, versuche ich die mal zusammenzutragen- natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit!

Der besseren Übersicht halber ordne ich sie nach Adressaten: Wünsche an Eltern, Schule/Lehrpersonen und Kolleg*innen. 

In diesem Blogbeitrag schreibe ich über folgende Inhalte: Verbergen

Wünsche an die Schule

E. ein Junge aus Sri Lanka, der bereits mit vier Jahren einen Halbtag pro Woche in die tamilische Schule ging, wünschte sich, dass auch Kinder aus anderen Kulturkreisen als begabt wahrgenommen werden, „weil Intelligenz ja nicht geografisch verteilt wird“.

Z. hätte sich gewünscht, dass ihre Lehrperson ihr Potenzial eher erkannt hätte, auch wenn sie aus Angst vor Ausgrenzung kaum gezeigt hat, was in ihr steckt.

A. wünschte sich einen Arbeitsplatz, der ihn motiviert arbeiten lässt. Im konkreten Fall auch ohne Ablenkung und mit einem Computer, der problemlos ins Internet kommt.

S. ein früher sehr schüchternes Mädchen mit elektivem Mutismus („selbstgewählter“ Sprachlosigkeit, also keine organische Dysfunktion), hätte mehr Lob und Ermutigung auch von den Lehrpersonen gebraucht, um mehr Selbstwertgefühl aufzubauen und sein Potenzial früher zu leben.

Y. hätte gerne früher erfahren, dass es in männlich konnotierten Domänen auch überaus brillante Frauen gibt, die auch Pionierarbeit geleistet haben. Sie hätte gerne Biografien solcher Frauen gelesen.

S. hätte gern gewusst, dass es regionale und landesweite Förderangebote für hb Kinder gibt, weil sie sich isoliert fühlte.

J. hätte gern an Angebote für hb Kinder teilgenommen, allerdings hat ihm seine Lehrperson mit dem Fokus auf J.’s LRS (Lese-Rechtschreibschwäche) immer verwehrt.

D. wünscht sich, dass in seiner Klasse Unterricht auch mal projektorientiert oder in „freier Arbeit“ stattfindet und jedes Kind ein selbstgewähltes Thema bearbeiten darf.

K. würde sich freuen, wenn die Klassenlektüre, die inhaltlich und sprachlich weit unter ihrem Niveau ist, auch selbst gewählt werden dürfte.

Wünsche an Eltern

N. fühlt sich seit der Diagnose „Hochbegabung“ unter Druck, nur noch Topnoten zu schreiben. Er wünscht sich von seinen Eltern einfach so geliebt zu werden, wie er nun halt mal ist.

S. wohnt relativ abgeschieden auf dem Land. Sie möchte andere Kinder, die ebenfalls aussergewöhnliche Interessen haben, kennenlernen. Dazu eignen sich regional organisierte Fördergruppen oder Angebote von Elternvereinen von hochbegabten Kindern.

Y. möchte ihre eher geschlechtsatypische Studienwahl nicht immer in Frage gestellt wissen.

M. mag es nicht, dass seine Eltern sich im Freundeskreis mit ihren Fähigkeiten brüsten und sie wie ein Zirkuspferdchen immer wieder demonstrieren soll, was sie kann.

P. wünscht sich von seinen Eltern mehr Stärke. Er will nicht immer mitentscheiden wollen, nur weil er so viel weiss.

W. möchte, dass ihre Mamma ihr zeigen könnte, wie man Berufswünsche umsetzt. (Ich konnte ihr mit einer Mentorin weiterhelfen- gerade für Mädchen sind erfolgreiche Frauen im Umfeld als Vorbilder sehr wichtig!)

An (Klassen-)Kolleg*innen

S. möchte nicht immer „Einstein“ genannt werden.

Y. wünscht sich Freunde, die sie nicht wegen der Resultate der Mathehausaufgaben einladen.

D. möchte bei ihrem Namen genannt werden.

Das alles sind wahrscheinlich nur kleine Puzzlesteinchen im Kabinett der immateriellen Wünsche, die wohl so vielfältig sind, wie die Kinder selbst. Nicht zu vergessen, dass hochbegabte Kinder letztlich Kinder mit einer hohen Begabung sind.
Einige Wünsche dieser Liste könnten von vielen anderen Kindern ebenso geäussert worden sein, denn jedes Kind, wünscht sich Eltern, die es in ihrer Einzigartigkeit wahrnehmen und lieben, die ihm Flügel und Wurzeln schenken, aber ihm auch den Erfahrungsraum mal zu seiner eigenen Sicherheit begrenzen.
Jedes Kind wünscht sich Eltern, die es in seinen Träumen und Zielen unterstützen und ihm den Weg dazu aufzeigen können. Und wo Eltern dies nicht tun können, gibt es vielleicht Verwandte oder Paten, die mithelfen- oder das Kind hat das Glück und bekommt eine/n Mentor*in, die es unterstützt.

Bei Schwierigkeiten im Elternhaus sind es Lehr- oder Betreuungspersonen, allenfalls Coaches, die ihre Verantwortung wahrnehmen und sich dafür einsetzen sollten, dass dem jungen Menschen die Unterstützung bekommt, die er zum Ausleben seines Potenzials braucht.

Und das wäre mein Nicht-nur-Weihnachtswunsch: Toleranz und Verständnis für alle Menschen, egal ob hochbegabt oder nicht, so dass jeder seine Fähigkeit, Stärken und Potenziale zum Entstehen einer friedlicheren, grosszügigeren Welt beitragen kann.

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